08.3 Aussensteuergesetz Deutschland
Das deutsche Außensteuergesetz und die Wegzugsbesteuerung
Das deutsche Außensteuergesetz (AStG) regelt die Besteuerung von Personen und Unternehmen mit internationalen Verflechtungen. Besonders im Fokus steht dabei die sogenannte Wegzugsbesteuerung, die beim Wegzug einer natürlichen Person mit wesentlichen Kapitalbeteiligungen greifen kann.
Mit dem Gesetz verfolgt der deutsche Gesetzgeber das Ziel, die im Inland entstandenen stillen Reserven zu besteuern, bevor diese durch einen dauerhaften Wohnsitzwechsel der deutschen Steuerhoheit entzogen werden.
Wann greift die Wegzugsbesteuerung?
Die Regelung zur Wegzugsbesteuerung findet sich in § 6 AStG. Sie greift, wenn eine natürliche Person:
- in den letzten 12 Jahren vor dem Wegzug mindestens 7 Jahre unbeschränkt steuerpflichtig in Deutschland war,
- innerhalb der letzten 5 Jahre eine wesentliche Beteiligung (mind. 1%) an einer in- oder ausländischen Kapitalgesellschaft hielt,
- und durch Wohnsitzaufgabe ins Ausland die unbeschränkte Steuerpflicht in Deutschland beendet.
In diesem Fall wird unterstellt, dass die Anteile fiktiv veräußert wurden. Es entsteht ein sogenannter “fiktiver Veräußerungsgewinn”, der im Rahmen des Teileinkünfteverfahrens zu 60% versteuert werden muss. Dies gilt selbst dann, wenn die Beteiligung tatsächlich nicht verkauft wurde.
Stundung und Rückkehrregelung
Seit Umsetzung der ATAD-Richtlinie im Jahr 2022 gilt:
- Bei Wegzug in einen EU- oder EWR-Staat besteht die Möglichkeit der zinslosen Ratenzahlung über sieben Jahre. Eine unbefristete Stundung gibt es nicht mehr.
- Die Stundung wird nur gewährt, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind (u.a. Sicherheitsleistung, keine Veräußerung oder Ausschüttung von mehr als 25% des Beteiligungswertes).
Kehrt der Steuerpflichtige innerhalb von sieben Jahren nach Deutschland zurück, kann die Steuer rückwirkend entfallen (§ 6 Abs. 3 AStG).
Erweiterung auf Investmentfondsanteile ab 2025
Neu ist, dass seit dem 1. Januar 2025 auch bestimmte Anteile an Investmentfonds unter die Wegzugsbesteuerung fallen, wenn sie sich im Privatvermögen befinden.
Betroffen sind:
- Personen, die innerhalb der letzten fünf Jahre vor dem Wegzug mind. 1% der Anteile an einem Investmentfonds gehalten haben oder
- deren Anschaffungskosten für Investmentanteile mind. 500.000 € betragen.
Bei Spezial-Investmentfonds gilt keine Schwelle. Hier reicht allein der Wegzug aus, um eine fiktive Veräußerung zu fingieren. Auch in diesen Fällen wird eine Wegzugsbesteuerung angenommen, obwohl kein Verkauf erfolgt.
Für Investmentfondsanteile gelten die Regelungen des § 6 AStG sinngemäß. Es gelten somit ebenfalls:
- Stundung bei EU-/EWR-Wegzug,
- Rückfallregelung bei Rückkehr nach Deutschland,
- sofortige Besteuerung bei Wegzug in ein Drittland.
Besteuerungsfolgen im Detail
Der fiktive Veräußerungsgewinn ergibt sich aus der Differenz zwischen dem gemeinen Wert (Marktwert) der Beteiligung zum Zeitpunkt des Wegzugs und den Anschaffungskosten.
- 60% des Gewinns werden steuerpflichtig,
- der Steuersatz richtet sich nach dem individuellen Einkommensteuersatz (bis zu 45% zzgl. Soli),
- ggf. ist Kirchensteuer zu entrichten.
Die Steuer wird auch ohne tatsächlichen Liquiditätszufluss fällig. Gerade bei hohen Beteiligungswerten kann dies eine erhebliche Belastung darstellen. Daher sollte der Schritt ins Ausland sorgfältig vorbereitet und im Idealfall steuerlich begleitet werden.
Fazit: Wegzug gut planen, Risiken vermeiden
Die Wegzugsbesteuerung gemäß AStG ist eines der komplexesten Regelwerke im deutschen Steuerrecht. Sie soll verhindern, dass Wertzuwächse dem deutschen Besteuerungsrecht entzogen werden. Gleichzeitig bietet das Gesetz Möglichkeiten zur Gestaltung: Wer rechtzeitig plant, kann die Steuerlast reduzieren, aufschieben oder im Falle einer Rückkehr sogar ganz vermeiden.
Wir unterstützen Sie dabei, Ihre Wohnsitzverlagerung gesetzeskonform umzusetzen und dabei alle relevanten steuerlichen Folgen im Blick zu behalten. Sprechen Sie uns an für eine individuelle Beratung zur Wegzugsbesteuerung für Unternehmer oder bei Beteiligungen an Investmentfonds.
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