08.2 Wegzugsbesteuerung Deutschland
Wegzugsbesteuerung Deutschland
Nicht in jedem Fall unterliegt das Welteinkommen des Auswanderers sofort und ausschließlich den neuen und vorteilhaften Steuergesetzen des Zielstaates. Grund hierfür ist unter anderem die sogenannte Wegzugsbesteuerung. Diese soll verhindern, dass „Steuerflucht“ zu einem Volkssport wird.
Was die Wegzugsbesteuerung besonders für bereits erfolgreiche Unternehmer bedeuten kann, wollen wir nun etwas genauer betrachten.
Vorab zu Ihrer Beruhigung – die Wegzugsbesteuerung und erweiterte beschränkte Steuerpflicht betreffen nur einen sehr geringen Anteil der Auswanderer. Die Praxis der letzten zehn Jahre hat uns gezeigt, dass der überwiegende Anteil mit den entsprechenden gesetzlichen Regelungen überhaupt nicht in Berührung kommt.
Zielsetzung der Wegzugsbesteuerung
Die Wegzugsbesteuerung soll grundsätzlich erst einmal die in der Heimat und bei Umzug existierenden finanziellen Reserven des Auswanderers steuerlich erfassen und, falls möglich, besteuern. Gäbe es eine solche Wegzugsbeteuerung nicht, so würde wohl nahezu jeder Steuerpflichtige vor Veräußerung eines, in seinem Wert gestiegenen, Wirtschaftsgutes seinen Wohnsitz in ein Land mit niedrigerer Besteuerung verlagern und somit still erwirtschaftete Gewinne der heimischen Steuer vorenthalten.
Die Wegzugsbesteuerung auf den Punkt gebracht
Die Wegzugsbesteuerung konzentriert sich auf die im Inland, also in der alten Heimat, angesammelten „stillen Reserven“ (Beteiligungen an Kapitalgesellschaften) des Steuerpflichtigen. Wandert dieser in ein anderes Land aus, so sollen durch die Wegzugsbesteuerung diese Reserven erfasst und besteuert werden. Diesen Vorgang nennt man übrigens „persönliche Steuerentstrickung“.
Mit der Regelung moderner Doppelbesteuerungsabkommen, das Recht die Besteuerung von Veräußerungsgewinne noch der alten Heimat zuordnen, soll vermieden werden, dass der Verkauf eines im Wert gestiegenen Wirtschaftsgutes erst in der neuen Heimat stattfindet.
Konkret: Sie werden bei Verzug hinsichtlich der Anteile in Ihrer alten Heimat zur Kasse gebeten, sofern Sie mindestens 7 Jahren innerhalb der letzten 12 Jahre der unbeschränkten Steuerpflicht in Deutschland unterlagen, an einer Kapitalgesellschaft mit mindestens 1% beteiligt sind oder waren und Sie die Anteile zum Zeitpunkt des Wegzuges noch halten.
Folge: Treffen die vorgenannten Faktoren auf Sie zu und wurde nicht zuvor noch in der alten Heimat veräußert, so gilt als Verkaufspreis der gemeine Wert der Anteile zum Zeitpunkt des Wohnsitzwechsels als maßgeblich. Die deutsche Einkommenssteuer wird auf die Gewinne der Differenz der Anteile von Verkaufswert abzüglich Anschaffungswert erhoben. Dabei kommt das sogenannte Teilwertverfahren zur Anwendung. Das bedeutet, nur 60% des ermittelten Gewinns ist zu versteuern.
Ein Beispiel: Bei einem Unternehmenswert von 1.200.000 € und Anschaffungskosten von 200.000 € ergibt sich ein Verkaufserlös von 1.000.000 €. Hiervon unterliegen 60%, also 600.000 € der Einkommenssteuer.
Fazit: Der Fiskus lässt nur ungern seine erfolgreichen Schäfchen ziehen und viele Gesetze, Verordnungen und Urteile machen dies durchaus deutlich. Bevor man also seine Zelte in der alten Heimat abbricht, sollte anhand der konkreten Einkommens- und Vermögensverhältnisse sorgfältig geplant werden, wie ein Wohnsitzwechsel optimal vorzubereiten ist.
Hinweis: Es ist umstritten, ob die in 2021 beschlossene Änderung der Wegzugsbesteuerung in Deutschland mit Europarecht vereinbar ist. Die Stundungsregelungen, welche bei Wegzug innerhalb der EU / EWR und in Drittländer seit 2022 einheitlich sind und allenfalls eine Ratenzahlung, bei Sicherheitsleistung über 7 Jahre vorsehen, dürften wohl die Niederlassungsfreiheit unzulässig einschränken. Dennoch ist bei einem Wegzug zunächst von diesen Regelungen auszugehen.
Sie sind von der Wegzugsbesteuerung betroffen, wenn einer der folgenden Punkte auf Sie zutrifft:
- Sie sind im Besitz einer oder auch mehrerer Beteiligungen an Kapitalgesellschaften mit einem Anteil von mindestens als 1% (zu irgendweinem Zeitpunkt in den letzten 5 Jahren).
- Sie waren innerhalb der letzten 12 Jahre mindestens 7 Jahre in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig.
Treffen diese Punkte auf Sie zu, bedarf es einer versierten Beratung. Wir stehen Ihnen selbstverständlich gern zur Seite.
Sie sind nicht von der Wegzugsbesteuerung betroffen, wenn einer der folgenden Punkte auf Sie zutrifft:
- Sie waren vor Wegzug weniger als 7 Jahre in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig.
- Sie sind nur Einzelunternehmer oder befinden sich im Besitz einer Personengesellschaft.
- Sie haben in den letzten 5 Jahren keine Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft in Höhe von 1% oder mehr gehalten.
- Ein Wertzuwachs bei der Beteiligung hat nicht stattgefunden.
- Sie wollen und werden innerhalb der kommenden 7 oder auch 12 Jahre zurück nach Deutschland ziehen (in diesem Fall kann die Wegzugsbesteuerung unter bestimmten Umständen rückwirkend entfallen).
Die Folgen der Wegzugsbesteuerung lassen sich durch eine sorgfältige Vorbereitung positiv beeinflussen. Auch wenn Sie von der Wegzugsbesteuerung betroffen sein sollten, können Sie Ihren Wunsch ins Ausland zu ziehen durchaus verwirklichen. Unsere Experten entwickeln mit Ihnen gemeinsam die optimale Strategie, um Ihre Ziele wahr werden zu lassen.
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